
Marie-Luise Bodendorff mit Klavierwerken von N.W.Gade
Niels Wilhelm Gades Klaviersonate und ausgewählte Klavierminiaturen
Die Aquarellmalerei hat doch etwas Magisches an sich. Solche meist kleinformatigen Bilder bezaubern mit zarten, halbtransparenten Wasserfarben und faszinieren durch das leicht schimmernde Weiß ihres Papiergrundes. Sie berühren durch das feine Spiel aus Schatten und Licht, und regen die Fantasie des betrachtenden Subjekts durch eine ganz eigentümliche Mischung aus Tiefe und Leichtigkeit an. Doch wie würde es klingen, wenn derartige Momentaufnahmen auch hörbar wären? Wer sich diese Frage schon einmal gestellt haben sollte, der braucht nun nicht länger zu rätseln. Denn eine neue CD, die am 04.07.2025 beim deutschen Label Ars Produktion erscheint, gibt eine überzeugende Antwort: Sie enthält nicht weniger als 15 Klavierstücke, die aus drei separaten Stücksammlungen bzw. Heften mit dem Werktitel Aquarellen. Kleine Tonbilder stammen.
Veröffentlicht in den Jahren 1849, 1850 und 1881 (die letzte Sammlung lief unter dem gering modifizierten Titel Neue Aquarellen), wurden diese speziellen Miniaturen schon direkt bei ihrem Erscheinen von der Kritik gefeiert. In einschlägigen Zeitungen und Magazinen war von fantasie- und reizvollen, mit viel Einfallsreichtum aufs Papier gebrachten „kleinen Gaben“ die Rede. Es stellte sich ein Erfolg ein, mit dem der Autor der Stücke, der dänische Komponist Niels Wilhelm Gade (1817–1890), so kaum gerechnet hatte. Eigentlich ganz auf die Orchestermusik (vor allem Sinfonien und Konzertouvertüren) fokussiert, betrachtete Gade selbst seine Klavierwerke eher als Nebensachen – wohl auch, weil er keine Ausbildung zum Klaviervirtuosen genossen hatte und nur gelegentlich als Pianist öffentlich in Erscheinung trat. Doch gerade die (vermeintliche) Leichtigkeit, die „aquarellhafte“ Feinstruktur und der improvisatorische Gestus dieser Klaviermusik beglückte das damalige Publikum auf besondere Weise.
In der neuen Einspielung der deutschen Pianistin Marie-Luise Bodendorff werden Gades Aquarellen gepaart mit einigen frühen Klavierstücken, der groß angelegten Klaviersonate e-Moll op. 28 sowie dem elegischen Andantino cis-Moll. Dadurch ist gewissermaßen ein klangliches „Aquarellporträt“ des Komponisten entstanden – voller Tiefe, feiner Farbverläufe und geheimnisvoller Lichtspiele. Ein Porträt, das womöglich ebenfalls etwas Magisches ausstrahlt.