Ein Intermezzo tragico von Johann Adolf Hasse

Ein renommiertes Solistenensemble und die Akademie für Alte Musik Berlin unter Bernhard Forck erwecken Johann Adolf Hasses selten zu hörendes Intermezzo tragico: Piramo e Tisbe von 1768 mit einer historisch informierten CD-Einspielung zu neuem Leben – eine Oper, mit der der Komponist einst am Wiener Hof glänzen konnte.

„Denn niemals gab es ein so herbes Los / als Julias und ihres Romeos.“ Mit diesen Worten beschloss William Shakespeare im Jahr 1596 seine unsterblich gewordene Tragödie Romeo und Julia. Doch so ganz richtig lag er damit nicht. Die Geschichte zweier sich Liebender, die, durch den Hass der Eltern getrennt, für ihre Liebe kämpfen und schließlich sterben, war schon lange zuvor erzählt worden – ja sogar in der Antike weithin bekannt. So schildert etwa der (spätantike) Dichter Publius Ovidius Naso – kurz: Ovid – im vierten Buch seiner Metamorphosen das tragische Schicksal von Pyramus und Thisbe, einem jungen babylonischen Paar, das von Thisbes Vater auseinandergerissen wird und für seine Liebe in den Tod geht. Ovids populäre Erzählung erfuhr im Laufe der Zeit viele Veränderungen (durchlief sozusagen selbst zahlreiche „Metamorphosen“), wurde von Dichtern, Dramatikern, Malern und Komponisten immer neu ausgestaltet. Eine der bislang letzten großen Adaptionen des Stoffes wurde in den 1760er-Jahren in Wien vorgenommen.

Der damals dort wirkende deutsche Komponist Johann Adolf Hasse (1699–1783) erhielt von privater Hand den Auftrag, die Ovidsche Vorlage in eine Oper zu verwandeln. Dabei formte er die Handlung nach seinen eigenen Vorstellungen um und steigerte die Dramatik bis zum Äußersten: Nicht nur die beiden Liebenden sterben; auch Thisbes Vater, der seine Schuld an der Katastrophe nicht ertragen kann, nimmt sich das Leben. Unerhörtes vollzieht sich zugleich auf musikalischer Ebene: Hasse sprengt die vertrauten Formen seiner Zeit, verzichtet fast vollständig auf die traditionellen Da-capo-Arien und Ensembles, und entwickelt stattdessen frei durchkomponierte Strukturen, die das Drama unaufhaltsam vorantreiben. Als Intermezzo tragico in zwei Teilen für zwei Soprane und Bass wurde Piramo e Tisbe 1768 im privaten Kreis uraufgeführt; 1770 folgte eine Aufführung im Schloss Laxenburg, derkaiserlichen Sommerresidenz, die dem Komponisten u.a. eine Auszeichnung in Form eines kaiserlichen Rings einbrachte. Danach jedoch führte das Werk fast zweihundert Jahre lang ein Schattendasein.

Ähnlich wie in Ovids Erzählung bedeutete das äußerliche Ableben dieser Oper nicht ihr absolutes Ende. Vielmehr tritt sie uns nun wieder frisch und in sublimierter Form, nämlich auf einen Tonträger gebannt, entgegen. Am 29.08.2025 erscheint beim französischen Label Harmonia Mundi eine Einspielung, die Hasses Musik mit besonderer Intensität zurückbringt. Die Solopartien übernehmen hier drei herausragende Künstlerpersönlichkeiten: Anett Fritsch, Roberta Mameli und Jeremy Ovenden; begleitet werden sie vom international gefeierten Originalklangorchester Akademie für Alte Musik Berlin unter der Leitung von Bernhard Forck.
 

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