Sechs stilisierte Figuren tanzen zusammen, umgeben von einem geometrischen Muster, das Verbindung und Bewegung symbolisiert.

Das Ensemble Tamuz mit Kammermusik von George Onslow

Stellen Sie sich vor, Ihr Lebensunterhalt ist gesichert, wegen des Geldes müssen Sie sich keine Sorgen machen. Das Schicksal hat es gut mit Ihnen gemeint; denn Sie sind in eine wohlhabende Familie hineingeboren. Sie haben das Privileg, Ihre Zeit ganz dem, was Ihnen am Herzen liegt, widmen und Ihre Begabungen ohne größere Einschränkungen entfalten zu können. Was würden Sie also mit dieser Freiheit anfangen? George Onslow (1784–1853), Spross einer britisch-französischen Adelsfamilie, fand dafür eine bemerkenswerte Lösung: Er stellte sein Leben und Wirken konsequent in den Dienst der Muse bzw. der Musik.

Ohne existenziellen Druck, dafür aber mit eiserner Disziplin und Beharrlichkeit, reifte Onslow zu einem hoch angesehenen Komponisten heran, den die Presse bald als „französischen Beethoven“ feierte. Nicht zufällig wurde er in die bedeutendsten musikalischen Institutionen seiner Epoche aufgenommen oder berufen. Er war z.B. Mitglied der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde, der Römischen Accademia Nazionale di Santa Cecilia und der Pariser Académie des Beaux-Arts (wo er im Übrigen die Nachfolge von Luigi Cherubini antrat). Zeitgenossen rühmten ihn nach 1827 insbesondere als „Mann ohne lebenden Rivalen auf dem Gebiet der Kammermusik“. Tatsächlich nimmt die Kammermusik unter den mehr als 100 Werken des Onslowschen Œuvres, welches auch Sinfonien, Opern, Lieder und Klavierstücke umfasst, den größten Raum ein: 36 Streichquartette, 34 Streichquintette, 10 Klaviertrios, 3 Klavierquintette und 2 Sextette (u.a.) zeugen von der Vielfalt seines Schaffens auf diesem Gebiet. Es sind alles Stücke von außerordentlicher technischer Brillanz und zugleich voller Fantasie gestaltet. Doch nach seinem Tod verlor die Musik nach und nach an Strahlkraft und geriet nun doch in den Schlagschatten des „originalen“ Beethoven.

Am 3. Oktober 2025 erscheint beim niederländischen Label Challenge Records die Debüt-CD des Berliner Ensembles Tamuz. Diese Aufnahme kann womöglich dazu beitragen, die Kammermusik Onslows wieder (zurück) ins Licht zu rücken. Das Ensemble präsentiert zwei seiner reifen Streichquintette – neben op.72 auch das f-Moll-Quintett op. 61 von 1839 in einer Weltersteinspielung. Die Veröffentlichung eröffnet nicht nur einen spannenden Blick auf die post-beethovenische Kammermusik französischer Prägung, sondern lädt auch dazu ein, einen sehr fähigen Komponisten zu entdecken, der die glücklichen Umstände seiner Herkunft für sich (und die Nachwelt) dankbar zu nutzen wusste, und die Musik zu seiner Lebensaufgabe machte.
 

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